Monday, May 30, 2022

Die Große Depression war ein Werk der Politik

 

Die Große Depression war ein Werk der Politik

Bis heute spielt sich die Politik als Retter auf, während tatsächlich die Regierungen die Rezession zur Großen Depression machten

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Seit der Großen Depression der 1930er Jahre beherrscht die Ansicht die konjunkturpolitische Diskussion, dass Konjunkturpolitik notwendig sei, um die Wirtschaftstätigkeit am Laufen zu halten und hohe Arbeitslosigkeit zu verhindern. Diese Ansicht hat bis in unsere Tage die Wirtschaftspoltik auf den Irrweg geführt.

Irrwege der Konjunkturpolitik

Die Theorie, durch öffentliche Ausgaben die Konjunktur zu beleben, kam nicht erst mit Lord Keynes in die Welt, der 1936 diese These zum Kern seiner „Allgemeinen Theorie“ machte. Adolf Hitler hatte schon vorher die deutsche Konjunktur durch Staatsausgaben kräftig angekurbelt. Während England und Amerika noch unter Depression und Stagnation litten, herrschte in Deutschland schon 1936 praktisch Vollbeschäftigung.

Bei diesem „Wirtschaftswunder“ der Dreißigerjahre wird selten beachtet, dass es mit der Zerschlagung der Gewerkschaften einherging. Die Expansion der Staatsausgaben führte deshalb nicht zu Inflation, weil das Regime strikte Preis- und Lohnkontrollen einführte.

Auch in den USA war die Sachlage anders, als allgemein auch in Lehrbüchern verbreitet wird. Seit Rothbard‘s Darlegung der amerikanischen Wirtschaftskrise in „America’s Great Depression“ (1963) wissen wir, dass der staatliche Interventionismus schon unter der Regierung von Herbert Hoover (Präsident von 1929–1933) begann und dazu beigetragen hat, die Rezession zu vertiefen.

Präsident Franklin Delano Roosevelt (Präsident von 1933–1945) hat dann anschließend nicht nur die Politik Hoovers fortgesetzt, sondern verschlimmert. Bei Roosevelt trat zum Interventionismus noch eine massive antikapitalistische Rhetorik hinzu. Die Ausweitung der Staatseingriffe auf Löhne und Preise machte dann schließlich aus der Rezession eine „große“ Depression. Aufgrund der neueren Erkenntnisse ist es nicht mehr vertretbar, die These zu verkünden, die Große Depression sei das Resultat der freien Marktwirtschaft gewesen, und nur aufgrund staatlicher Intervention sei es zu einer Erholung gekommen.

Murray Rothbard‘s Analyse der Großen Depression hat nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Nicht viel weniger als zu der Zeit, als das Buch erstmals erschien, stoßen auch heute noch die Grundaussagen auf Widerspruch. Die Thesen von Murray Rothbard standen damals diametral der vorherrschenden Lehre entgegen. Weitere Forschungen haben aber bestätigt, was Murray Rothbard schon in den 1960er Jahren aufgezeigt hat.

Man kann heute nur noch den Kopf schütteln, wenn man sich vor Augen hält, mit welcher Dreistigkeit die Regierung unter Roosevelt elementare Marktgesetze skrupellos verletzte. Um die Preise für landwirtschaftliche Produkte zu stützen, wurden Millionen von Ferkeln abgeschlachtet und selbst in Anbetracht von weitverbreitetem Hunger wurden landwirtschaftliche Flächen stillgelegt. Trotz hoher Arbeitslosigkeit gabe es Anweisungen an die Unternehmen, die Lohnsätze zu kürzen.

Unter Roosevelts Führung wurde Amerika von einer Welle des Antikapitalismus überrollt. Mit einer Rhetorik, die an totalitäre Regime erinnerte, wurde den Unternehmern und Bankiers die Schurkenrolle für die Depression zugewiesen.

Es ist so nicht verwunderlich, dass die private Investitionsneigung über Jahre hinweg äußerst schwach blieb. Bis zum Ende der Regierung Roosevelt war die amerikanische Volkswirtschaft von Regimeunsicherheit gelähmt. Es ist nicht erstaunlich, dass die USA jahrelang nicht aus der Depression herauskamen. Roosevelt hat das Land nicht aus der tiefen Wirtschaftskrise geführt, sondern seine Wirtschaftspolitik hat erst bewirkt, dass aus der Rezession die Große Depression wurde. Die Arbeitslosigkeit sank erst merklich, als die US-Regierung mit der Aufrüstung begann und immer mehr junge Männer in den Militärdienst gezwungen wurden. Statt Arbeitslosigkeit gab es nun den Kriegseinsatz.

Die Große Depression war nicht die Folge eines wilden Kapitalismus, sondern das Ergebnis, dass die Regierung darauf beharrte, den Wirtschaftsboom der 1920er Jahre künstlich am Leben zu erhalten indem die Notenbank großzügig das Kreditvolumen anwachsen ließ. Als es dann zum Krach kam, griff dieser auf die gesamte Wirtschaft vor allem deshalb über, weil die Regierung immer massiver in die Volkswirtschaft eingriff.

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Das richtige Rezept

Obwohl in der Zwischenzeit immer mehr Forschungsarbeiten die empirische Analyse von Rothbard bestätigten, wird doch nur selten sein theoretischer Ansatz, der die Grundlage seiner empirischen Analysen darstellt, rezipiert. Rothbards Analyse fußt auf der Konjunkturtheorie, wie sie vor allem von Mises und Hayek entwickelt wurde. Er ergänzte seine Analyse durch den Aspekt, dass Unternehmen, das heißt die Kapitalisten, die Produktionsstruktur nicht nur aufbauen, also Akkumulation des Kapitals betreiben, sondern auch die bestehenden Strukturen finanziell erhalten. Beides verlangt, dass Finanzmittel vorgestreckt werden, denn erst am Ende der Produktionskette, beim Konsumenten, wird das Produkt letztlich entgolten, während die Arbeiter schon vor der Konsumreife der Produkte ihre Löhne und Gehälter bekommen. Diese Sicht erhellt die Bedeutung des Sparens für die Erhaltung der Kapitalstruktur und steht vollständig im Gegensatz zur Konjunkturtheorie keynesianischer Prägung, die Wirtschaftskrisen aus mangelnder Nachfrage erklärt.

Die österreichische Schule der Volkswirtschaftslehre identifiziert übermäßige Kreditexpansion als Ursache dafür, dass Projekte für die Produktion von Gütern in Angriff genommen werden, die die Konsumenten nicht bezahlen können. Eine Ausweitung der Geldmenge in Verbindung mit einem Zinssatz unterhalb des Gleichgewichtszinssatzes hat zur Folge, dass die Unternehmen versuchen, die Kapitalstruktur zu erweitern, während die Verbraucher keinen Konsumverzicht üben.

Der niedrige Zinssatz setzt ein falsches Signal hinsichtlich der tatsächlichen Verfügbarkeit von Investitionsmitteln. Die Kapitalstruktur wird erweitert, ohne dass ein entsprechendes Sparaufkommen zur Verfügung steht. Es findet eine Überakkumulation von Kapital statt, die sich als Fehlinvestition erweist, wenn klar wird, dass das Sparvolumen nicht ausreicht, um die ausgeweitete Produktionsstruktur zu unterhalten.

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Der Boom ist der Irrweg, während die Rezession die Korrektur dieser Fehlentwicklung darstellt. Dies ist eine andere Sicht der Dinge, als sie derzeit vorherrscht. Die in der heutigen Praxis — wenn auch mehr in der Politik als in der Wissenschaft — immer noch tonangebende Meinung besagt, dass es darauf ankäme, gleichsam die Korrektur zu korrigieren. Dieses von John Maynard Keynes in den 30er-Jahren zum Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise in die Welt gesetzte Modell sieht niedrige Zinsen und Ausweitung der Liquidität als die Mittel an, den Boom zu perpetuieren. Wenn dann die Krise kommt, wird das nicht als Korrektur eines Fehlprozesses begriffen, sondern als eine Abirrung, die durch Stimulierung der Nachfrage korrigiert werden soll.

Aus Sicht der österreichischen Konjunkturtheorie wurde vor und während der Großen Depression wirtschaftspolitisch alles falsch gemacht. Als es 1929/30 zum Konjunktureinbruch kam, wurden Maßnahmen ergriffen, die die Depression verlängerten und vertieften:

- Verzögerung der Liquidation von Fehlinvestitionen

- Niedrigzinspolitik und Geldschöpfung

- Aufrechterhaltung von überhöhten Lohnsätzen

- Stabilisierung des Preisniveaus

- Maßnahmen der Deflationsbekämpfung

- Erneute Inflationierung der Volkswirtschaft

- Setzung von Konsumanreizen

- Maßnahmen zur Verminderung des Sparens

- Ausweitung der Arbeitslosenunterstützung

Die Darstellung von Murray Rothbard hat nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil. Nach wie vor herrscht bei vielen Regierungen — seien sie nun eher rechts oder links geneigt — der konjunkturpolitische Aktivismus vor, wonach jeglicher Ansatz einer Rezession mit Geldausweitung und Ausgabenprogrammen bekämpft wird. In der jüngsten Wirtschaftsgeschichte sollte dabei jedoch Japan als mahnendes Beispiel dienen. Dort wird seit einem Vierteljahrhundert versucht, mit immer mehr Geldspritzen und staatlichen Ausgabeprogrammen das Land aus der Stagnation zu führen.

Trotz der vielen Konjunkturmaßnahmen wurde dieses Ziel nicht erreicht, aber die Staatsverschuldung hat gigantische Ausmaße angenommen. In Europa und den Vereinigten Staaten konnte die extreme Geldpolitik der letzten Jahre ebenfalls wenig dazu beitragen, der Realwirtschaft auf die Beine zu helfen. Stattdessen ist es zu einer gewaltigen Blase bei den Vermögenswerten gekommen, der das Fundament fehlt. Auf Dauer lässt sich auf dieser Basis ein Boom nicht aufrechterhalten.

Eine Wirtschaftskrise ist unauweichbar. Wie 1929 wird sie durch einen Börsencrash eingeleitet werden. Dieser ist aber nicht die Ursache, sondern nur das Symptom einer verfehlten Wirtschaftspolitik.

Resümee

Jeder, der sich frei von Vorurteilen mit der Großen Depression genauer beschäftigt, wird bald erkennen, dass sie nicht ein kapitalistisches Phänomen ist, sondern in der Politik ihre Wurzeln hat. Bei der neuen Großen Depression wird es nicht viel anders sein. Dass die politische Propaganda und die Knechte der Politikherrschaft in den Medien anderes behaupten werden, ist allerdings auch heute schon klar.

Gebundene Ausgabe

Auszüge aus: “Kapitalismus, Sozialismus und Anarchie. Chancen einer Gesellschaftsordnung jenseits von Staat und Politik” (KDP 2021)


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