Thursday, June 2, 2022

Aleatorische Bürgerdemokratie kontra Parteienherrschaft

 

Wir müssen unser politisches System ändern, bevor es zu spät ist.

Ist eine repräsentative direkte Bürgerdemokratie, die auf Zufallsauswahl der Volksvertreter basiert, ein Ausweg aus der Misere der Parteiendemokratie?


Quelle

Die Ereignisse der letzten Zeit mit einem weltweiten wirtschaftlichen Lockdown und strengen Regeln der sozialen Distanzierung haben viele Menschen darauf aufmerksam gemacht, dass Tyrannei im Entstehen ist. Vorher als Verschwörungstheorie gebrandmarkt, steht jetzt sogar eine „Impfpflicht“ zur Diskussion.

Die Parteiendemokratie schützt nicht vor Unterdrückung. Könnte eine digitale Direktdemokratie, in der die Vertreter des Volkes per Los gewählt werden, effektiver sein, um Wohlstand, Freiheit und Frieden zu fördern?

Wie sich anhand der Pandemiepolitik gezeigt hat, waren die etablierten Demokratien nicht in der Lage, die justiziellen und parlamentarischen Instrumente zu mobilisieren, um den Angriff auf die Freiheit abzuwehren. Ohne rechtlichen Widerstand mussten die Menschen akzeptieren, dass ihnen die Lebensgrundlage genommen oder zumindest schwer eingeschränkt wurde.

Demokratie durch Volksabstimmung bot keine Garantie gegen Tyrannei. Es ist andererseits aber auch so, dass dieselbe technologische Revolution, die die Quelle eines digitalen Despotismus sein kann, die Chance für eine neue Ordnung jenseits von Staat und Politik bietet. Moderne Technologie ermöglicht es uns, ein System zu installieren, bei dem die Vertreter des Volkes durch einen Zufallsmechanismus ausgewählt werden.

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Bei einem solchen Auswahlsystem der Volksvertreter, politisches Losverfahren, auch Sortition oder auch “Demarchie” genannt, werden die Vertreter des Volkes für die gesetzgebende Körperschaft durch Los ausgewählt. Eine solche “digitale Direktdemokratie” bietet einen Ausweg aus den vielen Dilemmata der modernen Demokratie, die auf der Wahl durch Abstimmung basiert. In Bezug auf die Methode erfordert die ein solches Auswahlverfahren einen Zufallsmechanismus, um eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung auszuwählen, die als allgemeine Volksversammlung und Gesetzgeber dient.

Die Probleme mit dem gegenwärtigen System der Demokratie durch die Wahl von Berufspolitikern, die politische Parteien vertreten, sind bekannt und dokumentiert.

Im Gegensatz zur Parteienherrschaft bilden bei einer Zufallsauswahl der Volksvertreter nicht Politiker, die Parteien vertreten, das gesetzgebende Organ, sondern eine repräsentative Stichprobe der gesamten Bevölkerung. Anstelle von Parteien und Politikern wären die Kandidaten der Wahl die Wählerschaft selbst. Diejenigen, die legal wählen dürfen, sind auch die Kandidaten.

In einer digitalen Direktdemokratie würde die Parteipolitik verschwinden und die staatlichen Funktionen würden mit der Zeit privatisiert.

Im Gegensatz zur Demokratie durch Wahlen zählen zu den Vorteilen der Demokratie durch Sortierung ein hohes Maß an Legitimität in der Bevölkerung. Die durch Zufall ausgewählten Vertreter sind parteilich unabhängig und schon dadurch weniger korruptionsanfällig, da es keine Wiederwahl gibt. Es käme zum Ende der Parteienpolitik und wir hätten eine Volksvertretung, die diesen Namen verdient. Damit kommt es zu einem Ende der politischen Karrieristen und Machtpsychopathen. Die von den politischen Machtkämpfen ausgehende Spaltung der Gesellschaft würde ein Ende nehmen. Der politische Parteienapparat würde sich auflösen.

Bei den gesetzgeberischen Aktivitäten einer solchen Volksversammlung, die durch die Zufallsauswahl bestimmt ist, wäre nicht nur eine verständliche Form der Gesetzgebung zu erwarten, sondern auch eine humane und anstelle der Lawine von Gesetzen, Regeln und Vorschriften würde es zu einem Rückgang der Gesetzesinflation kommen. Es käme zu einer Verminderung der Staatstätigkeit und in ihrer Folge zu weniger Staatsausgaben und niedrigeren Steuern.

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Kritiker der auf Zufall beruhenden Auswahl der Volksvertreter behaupten, dass ein solches gesetzgebendes Organ weniger Fachwissen hätte als ein gewähltes Parlament, und dass dies die Macht der Bürokratie erhöhen würde. Die Wahrheit ist jedoch, dass das spezifische Wissen, das jetzt in den Parlamenten dominant vorhanden ist, darin besteht, zu wissen, wie man Macht erlangt und ausübt, und bei den Parteikarrieristen die nicht-politische Kompetenz Mangelware ist.

Die Kritiker der Zufallsauswahl ignorieren, dass das gegenwärtige System der Parteipolitik zu einer riesigen Bürokratie und einem massiven Aufbau der Macht des Staatsapparats geführt hat. Die politischen Parteien und die Staatsbürokratie arbeiten zusammen, um ihre Macht zu maximieren, die sie erreichen, indem sie mehr Staat haben und sich nicht viel um die Kosten kümmern.

Einmal etabliert, würde eine digitale Direktdemokratie, die auf Zufallsauswahl basiert, die Macht von Politikern, Lobbyisten und Interessengruppen beenden und der Bedrohung durch Tyrannei wirksam entgegenstehen.

Die Auswahl der Volksvertreter durch eine Lotterie erfordert keinen revolutionären Umsturz. Ein Anfang kann damit gemacht werden, dass eine auf Zufallsauswahl beruhende Generalversammlung ein Vetorecht gegenüber den gesetzlichen Maßnahmen des gewählten Parlaments erhält.

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Textbeitrag auf der Grundlage von Auszügen aus “Kapitalismus, Sozialismus und Anarchie. Chancen einer Gesellschaftsordnung jenseits von Staat und Politik” (KDP 2021)


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